Mittwoch, 14. September 2011

"Sie haben eine Freundschaftsanfrage!"

Heute soll es um den veränderten Freundschaftsbegriff gehen.
Erst zur allgemeinen Definition:
Eine auf Freiwilligkeit und Gegenseitigkeit beruhende persönliche Beziehung von unbegrenzter Dauer, die durch Austausch intimer Gedanken und Gefühle, und ein hohes Maß an Vertrauen gekennzeichnet ist. http://www.freundschaft-diplomarbeiten.de/1.2-Definitionen-von-Freundschaft.htm 
Dieser Definition würde wohl jeder im Allgemeinen zustimmen, da sie das Vertrauen als Grundlage einer Freundschaft sieht. Doch in wie weit kann man heute noch von dieser Definition ausgehen?

Wie ich schon einmal in einem Beitrag erwähnt habe, glaube ich, dass ein Mensch in der Gesellschaft ca.5 andere Menschen kennt, denen er sein Leben anvertraut und diese somit als wirkliche Freunde bezeichnet. Viele bezeichnen diese Gruppe als "beste Freunde". Dabei zähle ich die Familie natürlich nicht mit in diesen Kreis.  Das Problem, welches durch das Internet entstand, ist die Auffassung von Freundschaft.
Ich selbst habe soeben mit Verwunderung festgestellt, dass ich auf Facebook 230 andere Menschen als Freunde bezeichne. Dabei dachte ich, ich habe diese Menge schon gut selektiert.
Manchmal laden wir Bilder in sozialen Netzwerken hoch, die dann genau von dieser Menge an Menschen gesehen werden können; wir geben unsere Emailadresse an, unser Geburtsdatum, Geburtsort, Wohnort. Einige User veröffentlichen sogar Telefonnummern und Adresse.
Es ist oft so, dass Menschen zu Freunden werden, wenn sich diese vielleicht nur einmal im Leben gesehen haben oder gar noch nie miteinander gesprochen haben. In unserer breiten Masse an virtuellen "Freunden" verstecken sich auch oft Individuen, denen wir vielleicht im echten Leben aus dem Weg gehen würden.
Wieso ist das so?

Vielleicht ist der Prozess "Freunde werden" einfacher geworden und der Prozess "Freundschaft auflösen" umständlicher. Das Internet macht uns mit jeweils einem Mausklick von beiden Menschen zu Freunden. Wenn sich eine Freundschaft im Leben auflöst, dann muss ich diese in sozialen Netzwerken oft erst umständlich entfernen. Das Resultat: Wir bleiben auch mit Menschen, die schon lange keine Rolle mehr im wahren Leben spielen, virtuell befreundet.

Ein weiterer Grund für die breite Masse an Internetfreunden könnte die Distanz sein, die zwischen 2 Menschen durch das Internet entsteht: Mit jemandem auf der Straße eine Konversation führen, fordert von einigen Menschen oft sehr viel Mut, je nachdem wie gut uns die Person gegenüber bekannt ist.
Das Internet reduziert diese Hemmschwelle und öffnet schüchternen Menschen neue Möglichkeiten.

Es wird eindeutig erkennbar, dass dieser Veränderung des Begriffs mal wieder mit der Leichtigkeit des Internets in Verbindung gebracht werden kann.
Aristoteles machte früher deutlich, dass in einer funktionierenden Polis-Gesellschaft die Freundschaft noch über der Gerechtigkeit stehen muss. Allerdings gab es nur wenige Institutionen, wie eine Polizei in dieser Zeit. Die Menschen waren also auf das Wohlwollen von anderen Menschen angewiesen.

Heutzutage können wir aber immer noch unsere Freundschaften gezielt auswählen, wenn wir nur wollen. Ich würde also hierbei auf der einen Seite die "guten Freunde" und auf der anderen Seite die "Facebook-Freunde" unterscheiden. Der Begriff muss also meiner Meinung nach nur klarer definiert werden.

Eine wirkliche Freundschaft ist auch heute noch immer von Vertrauen und Gedankenaustausch geprägt.

2 Kommentare:

  1. Ich bezweifel, dass das aufgezeigte Problem mit einer "einfachen" Unterscheidung in gute und Facebook-Freunde gelöst werden kann. Ist es nicht eher so, dass ausgehend von einer Begriffsbestimmung gefragt werden muss, ob virtuelle Freundschaft auf Dauer existieren kann? Wie wichtig ist uns persönlicher Kontakt? Ist das in Zeiten weltweiter Vernetzung unwichtig(er) geworden? Was sagt die Anzahl der Facebookfreunde über einen Menschen aus, ist man mehr wert bzw. besser, wenn man mehr Freunde hat? Ist es peinlich, wenn man weniger als 10 Freunde hat? Zerbricht daran das Selbstbewusstsein? Entsteht vielleicht durch die Nennund der Zahl der Freunde eine Wettlauf/Wettkampf-Situation? Lassen die Menschen sich also vom Medium Facebook derartig beeinflussen, dass Kriterien für eine Freundschaft keine Rolle mehr spielen auf der Jagd nach der größten Freundezahl?

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  2. Wie wichtig uns persönlicher Kontakt ist; genau darauf zielte meine Unterscheidung ab. Wir haben Freundeskreise mit denen wir gerne Kontakt haben, mit denen wir etwas unternehmen und auch gerne die Freundschaft pflegen. Diese Freundschaften können auch ohne soziale Netzwerke funktionieren. Mit diesen Personen ist uns der persönliche Kontakt also wichtig und der virtuelle nicht unbedingt zwingend notwendig.
    Und dann gibt es die Seite der Menschen, die man flüchtig kennt, sich mit ihnen auf diesen Netzwerken verbindet und sie zum sogenannten "Freund" macht. Das Wort "Freund" wird in diesem Zusammenhang also meiner Meinung nach einfach falsch benutzt; deswegen meine Einteilung in "gute" und "virtuelle" Freunde.

    Zu dem zweiten Punkt des Wertes gemessen an der Anzahl von Freundschaften: Ich denke,dass der eventuelle Wettkampf nach Freundeszahlen nur bei naiven Menschen entsteht, die Facebook schon ohnehin als ein Drittel ihres Lebens integriert haben. Das Selbstbewusstsein bricht vielleicht nur bei Menschen, die in dieser Hinsicht vorbelastet sind. Allgemein ist so eine Annahme meiner Ansicht nach nicht gültig.

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